Matze Schmidt on Fri, 7 Feb 2003 13:45:17 +0100 (CET) |
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Re[2]: [rohrpost] M3.3 'Eigentum' Mittwoch, Sophienstrasse im Bootlab |
hallo, Thursday, February 6, 2003, 2:24:48 PM, you wrote: SH> tatsächlich hat sich der begriff "eigentum" nicht als hilfreich SH> erwiesen, um die verhältnisse digitaler kultur (und nach sebastian: auch SH> der bio-information) zu diskutieren. er übernimmt unbefragt eine ohnehin SH> wackelige rechtsfigur und damit konstruktionen wie besitz, ware und SH> identität, die für digitale daten zunächst keine relevanz haben. genau das ("konstruktionen wie besitz, ware und identität, die für digitale daten zunächst keine relevanz haben") ist ja das phantasma mit dem der "gruene Informationalismus" zum teil arbeitet: die verabschiedung der boesen Profitabilitaet fuer eine ominoese Tauschkultur, eine Geschenkoekonomie oder das gute, eherliche Business jenseits des Raubtier-Kapitals. und dann kommt man mit empirischen begriffen wie "Oekonomisierung", der Kultur usw., die offenbar nur reaktive rhetorik gegenueber den angriffen (sog. "kulturetatkuerzungen") der eigene szene ist. will sagen, die relevanz von besitz und ware ist fuer digitale daten klar vorhanden, auch wenn sie als historische und immer widerkehrende konstruktion erkannt wurde. ihre de-konstruktion bleibt aesthetisches spiel, solange man sie als blosze rechtsfigur oder machtfigur begreift, die man pragmatisch loesen koennte. es ist nur eine post-ontologische frage wenn man sie dazu macht, ob digitale Ware fluid ("fluessig", Zitat Mercedes Bunz waehrend der veranstaltung am 5.2.03) ist oder nicht. Die in die digitale Ware, oder das multiple Objekt investierte Arbeit/Zeit und das Kapital (nicht die Bonzen, nicht die Multis, das Kapital als solches) bestimmt, dass es ware wird & bleibt, und nicht ihr 'Wesen', ihre unhintergehbare Digitalitaet als neue Immaterialitaet. die problematik der "Immaterialitaet" wurde z.B. am mittwoch garnicht behandelt, es sei denn in der gut zynisch, mit dem hinweis auf den verkauf der arbeitskraft abgewuergten frage des menschen aus dem publikum, der wissen wollte, wie man denn nun sein 'immaterielles' produkt am besten copy-rightlich vermarktet. in dem zus.hang fand ich volker grassmucks beispiel der GPL typisch, denn das argument, sie wuerde die verkommerzialisierung umgehen, indem sie das Copyright quasi umdrehe und die vermartkung des Produkts Software etc. ausschliesze, verdeckt, dass die leistung, die in dieses produkt gegangen ist, laengst kommerziell gebunden war (sicher eine diskussion, die laengst durch ist). "typisch" war das deshalb, weil in der Alternativ-Oekonomie-Diskussion information als Ware, oder im fall der GPL als angebliche Nicht-Ware, systemisch wiedermal von seinen anschluessen an die restliche Oekonmie entkoppelt wurde und als singularisierter topos dasteht. man koennte vielleicht sogar soweit gehen und sagen, dass das eine art transzendentierendes denken voraussetzt. die frage nach dem eigentum (der produktionsmittel, dem besitz des kapitals) war also schon sehr gut gewaehlt, sie wurde an dem abend eben nur nicht behandelt, sondern verdraengt zugunsten irgendwie strukturalistischer analyse + technokratie-reportage + moralischer standpunkt + jammern ueber den eigenen privilegierten zustand, den man nicht verlassen koenne - fast ohne jeden anstaz einer politischen Oekonomie der Medien. SH> um SH> schnittstellen zwischen ökonomie und information sowie mögliche SH> widerstandslineien zu beschreiben was waeren denn widerstandslinien an schnittstellen zwischen ökonomie und information? geht es da um schnittstellen, oekonomie oder information? steht denn information als wissenschaftliche kategorie neben der oekonomie? >> warum stellt man in den elitaeren peer-groups der Wissensarbeiterschaft nicht um auf die >> erkenntis der je eigenen lohnarbeit oder der schon eingegangenen 'alternative' eines >> wechsels in die andere liga? diese form des dilemmas der letzlichen alternativlosigkeit >> finde ich im sinn der fantasie eines Angry Young Professionals (AYPPIE) zunaechst >> ideologisch-epistemologisch fruchtbarer SH> ich sehe nicht, wie die erkenntnis die diskussion voranbringen könnte. eben, sie wuerde zunaechst einmal ent-taeuschen. was ein gewinn waere nicht nur in anbetracht des anstehenden weiteren sozialabbaus (z.B. in Berlin ueber 18% arbeitslose, wer bezahlt das? leere kassen = sparen = milchmaedchenrechnung usw.) und des aktuellen abbaus klassischer arbeitsrechte (lohnkuerzung, kuendigungsschutzabbau, mehrarbeit) und dem widerstand dagegen. hinzu kommt die deflation. (ja, 'alles fragen, die neben der information stehen'.) vor diesem allzu holzschnittartigen hintergrund sah die diskussion im bootlab mehr als duenn aus. die Ent-Taeuschung, die ich meine, waere eine relativierung der vorstellung einer oekonomisch freien handlungsfaehigkeit innerhalb eines informellen gefueges, innerhalb eines formellen gefueges. m.a.w., autonome alternative markt-oekonomie, um die miete zu bezahlen, ist eine illusion, sie bleibt 'geldauftreiben'. SH> zumal sie mit einer etwas simplen unterscheidung operiert, die guten und SH> die bösen. wo bleiben die hässlichen etc.? grusz matze ps: "elitaer" ist uebrigens nicht unbedingt diskreditierend, sondern beschreibt nur das fakt der abgesonderten stellung der diskussion einer gruppe. ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/