Marco Vogts on 17 Sep 2001 00:48:48 -0000 |
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Re: [rohrpost] FYI: Sieben Thesen zur Lage |
----- Original Message ----- From: "Florian Cramer" <cantsin@zedat.fu-berlin.de> To: "Marco Vogts" <wb@woerterberg.de> Cc: <rohrpost@mikrolisten.de> Sent: Sunday, September 16, 2001 6:16 PM Subject: Re: [rohrpost] FYI: Sieben Thesen zur Lage > Sollte es aber Staaten geben, >die die Attentäter aktiv (d.h. mit direkter logistischer Unterstützung) >oder passiv (indem sie vom Anschlag gewußt und ihn nicht vereitelt haben >wie die DDR beim LaBelle-Anschlag 1986) unterstützt haben, müssen deren >Regierungen vor den internationalen Gerichtshof in den Haag. Wahrscheinlich meinst Du nicht die Regierung der USA, die zu einem Zeitpunkt, als es ihr, im Kampf gegen das "Reich des Boesen" (man beachte die Kontinuitaet) strategisch wuenschenswert erschien, die Formierung dessen, was heute als Taliban die afghanische Bevoelkerung (die Frauen zumal) terrorisiert und dem behaupteten Drahtzieher Ibn Laden "Unterschlupf gewaehrt", in pakistanischen Fluechtlingslagern massiv unterstuetzt hat. Vor diesem Hintergrund und mit dem Wissen, dass momentan ausschliesslich die militaerische Durchsetzungsfaehigkeit der USA irgendjemanden vor einen internationalen Gerichtshof bringen kann, scheint mir Deine Argumentation nach wie vor naiv. Und weil in diesen Tagen gerne mal etwas boeswillig ausgelegt wird: Wenn ich sage, dass ich als Hauptmerkmal der Politik der US-Regierung (wie der meisten Regierungen, versteht sich) Skrupellosigkeit zu erkennen meine, ist das ganz etwas anderes (oder eher das Gegenteil), als wuerde ich sagen, die Amis haetten es nicht besser verdient. Meine Phantasie reicht aus, mir vorzustellen, ein Freund oder Verwandter kaeme durch einen Terroranschlag um Leben oder Gesundheit. >Sollten >diese Regierungen entweder die Auslieferung der Attentäter oder, falls >angezeigt, ihrer beteiligten Mitglieder verweigern, wär aus meiner Sicht >ein militärischer Angriff auf diese Regierungen legitim. Da ohnehin immer Pearl Harbor als Vergleich herangezogen wird: Wenn man an Hiroshima und Nagasaki denkt, kann ich nicht ohne weiteres unterstellen, dass die USA in ihren Strafaktionen besonders um Angemessenheit bemueht sein wuerden. Aber auch ohne Sarkasmus: wie kannst Du annehmen ("militaerischer Angriff auf diese Regierungen"), dass es, die Absicht dazu einmal vorausgesetzt, gelaenge, die entsprechende Regierung sauber aus ihrem Palast oder ihrem Bunker herauszuschaelen, ohne die uebrige Bevoelkerung in Mitleidenschaft zu ziehen? >Leider mache ich mir immer weniger Hoffnungen, daß die >Bush-Administration so oder ähnlich handelt, wie oben beschrieben. Woher solltest Du diese Hoffnungen auch nehmen? >....und dabei über 5000 Leichen geht. Im Gegensatz z.B. zu den Attentaten >der RAF ist diese Wahllosigkeit faschistoid, wie ja auch in Spehrs >Thesen festgestellt wurde. Jemand anderes hatte den Vergleich zum >Neonazi-Anschlag auf das Münchener Oktoberfest gezogen, der Vergleich >mit dem ebenfalls rechtsextremistisch motivierten Oklohama-Attentat >drängt sich ebenfalls auf. Faschistoid oder nicht, jedenfalls nichts, was der Konstruktion einer Verschwörung des Bösen gegen die freie Welt eine Grundlage boete, wie sie jetzt multimedial aufgeblaeht wird. Und gleich gar nicht fuer "Vergeltungsschlaege" auf Kosten Zehntausender, die mit den Anschlaegen nicht mehr zu tun haben als Du oder ich. Auch nicht fuer Fingerabdruecke im Personalausweis, den Einsatz der Bundeswehr im Innern und die anderen genialen Ideen zu unserem "Schutz", auf die die Stumpfkoepfe in Bundestag und Regierung jetzt verfallen. Siehst Du vermutlich genauso. Besten Gruss, und hoffentlich erweisen sich die starken Sprueche als ebensolche. Marco ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de