sebastian on 25 Jul 2001 07:45:36 -0000


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[rohrpost] re: G8 Gipfel & Love Parade


 > Heute auf dem Menü: Konsum, gewürzt mit Kapitalismuskritik

und an folgender sosse:

 > Die Loveparade und die Proteste von Jugendlichen beim G8-Gipfel in Genua
 > weisen nach Ansicht von Jugendforschern Parallelen auf. Bei der Jugend lebten
 > zwei Seelen in einer Brust - "auf der einen Seite die Ultra-Konsumanhänger,
 > auf der anderen die Turbo-Kapitalismusgegner", sagt der Hamburger
 > Freizeitforscher Horst W. Opaschowski.

der sich aus denselben gruenden als "freizeitforscher" bezeichnet, derentwegen
sich leute, die buecher ueber hobbies schreiben, "hobbyschriftsteller" und
leute, die amateure bespitzeln, "amateurdetektive" nennen, und ansonsten auch
als "turbo-opa horst" bzw "ultraschowski" sein unwesen treibt:

 > Die Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua als auch die feiernden Techno-Freaks
 > in Berlin vereine die nüchterne Erkenntnis, dass die Globalisierung nicht mehr
 > aufzuhalten sei. Ähnlich sieht dies der Bielefelder Pädagoge Wilfried
 > Ferchhoff. Während auf der Loveparade "die Sonnenseiten des Kapitalismus"
 > gefeiert würden, wiesen die jugendlichen Protestierer in Italien auf die
 > "Schattenseiten" der Entwicklung hin.

one love, one nation: wenn die gipfel-freaks in genua ihre "stoppt das kapital"-
transparente enthuellen, so werfen sie sich damit also nicht nur gemeinsam mit
den techno-demonstranten aus berlin in die gerade von bielefelder paedagogen
immer wieder gern weit aufgehaltenen arme deterministischer geschichts- und
fatalistischer weltmodelle, in denen noch nie irgendwas aufzuhalten war, sondern
vereinen auch gleich noch die sonnen- mit den schattenseiten zu unserer einen
kapitalistischen erde, um die die freizeitforschung sich dreht wie das karrussel
um die kirmes und deren himmel von folgenden geistesblitzen durchzuckt wird:

 > Opaschowski ergänzt: "Die Loveparade-Anhänger empfinden die Globalisierung als
 > Befreiung, die Demonstranten in Genua verbinden mit dem Weltmarkt vor allem
 > Angstgefühle." Auch dies sei typisch für die junge Generation. Einerseits
 > fasziniere sie die Globalisierung und ihr unerschöpflicher Markt von
 > Möglichkeiten. Andererseits fürchteten sie, zu den "Wohlstandsverlierern" zu
 > gehören und zum Beispiel in der Arbeitslosigkeit zu landen.

einerseits, andererseits: hier der "unerschoepfliche markt von moeglichkeiten"
(also eine wirtschaftsordnung, die unablaessig leute dazu zwingt, das gesamte
potential ihres lebens zum verkauf anzubieten), dort "demonstanten",
"angstgefühle", "wohlstandsverlierer" und "arbeitslosigkeit". wer das erklaeren
koennte. zum glueck ist ein paedagoge zur stelle:

 > Nach Ansicht Ferchhoffs knüpfen die Proteste beim G8-Treffen an die
 > Studentenbewegung der 60er, die Friedensbewegung der 70er und die
 > Ökologiebewegung der 80er Jahre an. Den Reiz der Loveparade sieht er hingegen
 > vor allem im Zusammentreffen unterschiedlicher Jugendszenen.

meint er das zusammentreffen der hippieszene der 70er mit der punkszene der
80er? oder das zusammentreffen der beatnikszene der 60er mit der raverszene der
90er? weit gefehlt. er meint nicht anderes als das mit vollem karacho
zusammentreffen von allem, was der fall ist, mit sich selbst:

 > Der Techno-Umzug biete ein "Gemeinschaftsgefühl auf Zeit". Kaum ein anderes
 > Großereignis habe heute noch solch einen verbindenden Charakter. Doch noch
 > etwas anderes macht die Beliebtheit des Mega-Events aus. "Bei der Loveparade
 > wird einfach alles geboten, was sehr viel Spaß macht. Sie bietet Erlebnis und
 > ist gegenwartsorientiert", erläutert Ferchhoff.

was kann es schoeneres geben, als eine welt, in der man fuer argumente wie
jenes, die loveparade mache spass, biete erlebnis und sei gegenwartsorientiert,
nicht etwa verdroschen, sondern zum c4-professor in bielefeld berufen wird?
lesen sie selbst:

 > Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD),
 > hält die Loveparade für ein wichtiges Element der Jugendkultur. Dies dürfe
 > nicht nur mit Drogen in Zusammenhang gebracht werden. Drogen seien
 > mittlerweile überall dort, wo sich Jugendliche aufhielten. "Das ist bei
 > Parties in ländlichen Gebieten ebenso der Fall wie auf Großereignissen", sagte
 > sie. Allerdings räumte sie ein, dass die Party-Szene in besonderer Weise durch
 > Drogen gefährdet sei. "Hier liegen besonders riskante Konsummuster vor."
 > Gefahren lägen vor allem im "Mischkonsum", wenn etwa Ecstasy und Alkohol
 > durcheinander genommen würden.

eine welt naemlich, in der man fuer behauptungen wie jene, die loveparade sei
ein wichtiges element der jugendkultur, statt schallend ausgelacht zur
drogenbeauftragten der bundesregierung ernannt wird. die beste aller moeglichen
welten jedoch bewohnt allein opaschowski:

 > Laut Opaschowski hat die Jugend heute "viele Gesichter". "Die Jugendlichen
 > leben in einer Welt voller Möglichkeiten und sind selbst multioptionale
 > Konsumenten", betont der Leiter des Freizeit-Forschungsinstituts der British
 > American Tobacco in Hamburg. "Im Sommer aktiv mit Greenpeace gegen
 > Walfischfang demonstrieren, im Winter mit dem Snowboard die Pisten
 > runterbrettern - nichts ist unmöglich." Die Welt werde als "Speisekarte"
 > betrachtet, "aus der sich jeder sein individuelles Menü zusammenstellt". Dies
 > könne mal politisch motiviert und mal nur konsumorientiert sein.

viele gesichter hat wohl so ziemlich alles ausser opaschowski. der brettert im
sommer wie im winter mit der immergleichen bloeden visage eines neoliberalismus
durch die gegend, der ja nicht nur foltert und mordet, sondern auch staatliche
universitaeten zu webeagenturen der zigarettenmafia wegderegularisiert, die von
leuten geleitet werden, die noch nie einen gedanken von innen gesehen haben. die
welt voller moeglichkeiten als multioptionale speisekarte mit individuellen
menues aus "konsum gewuerzt mit kapitalismuskritik" ist ein derartiger dreck,
dass man versteht, warum solche arschloecher wie opaschewski hauptsaechlich als
o-ton-lieferanten fuer illustrierten arbeiten, die tag fuer tag belegen muessen,
dass die erde eine scheibe, der kapitalismus gerecht und jeder riot schon allein
deshalb eine loveparade ist, weil beides am selben tag in der zeitung steht.

ps: wenn hingegen

 > die FAZ fragt was Globalisierungsgegner und Raver gemeinsam haben

dann kann man sicher sein, dass die faz das auch beantwortet. und zwar schon am
montag, indem sie in den neun artikeln, die sie auf ihren ersten drei seiten dem
g8-gipfel in genua widmet, die erschiessung von carlo guiliani nur ein einziges
mail, auf seite drei, in sechs zeilen, ueberhaupt erwaehnt, und ihn ansonsten
bloss noch zweimal, ebenfalls auf seite drei, als "toten" zusammen mit diversen
sachschaeden zu einer gewaltbilanz aufsummiert, angesichts derer das vorgehen
der polizei gerechtfertigt sei (deren brutale stuermung des genoa social forum
und des independent media center sie gleich ganz unterschlaegt). von toten
ravern hingegen berichtet die faz auf den ersten drei seiten ueberhaupt nichts,
weil sie naemlich platz braucht fuer die gleich drei artikel, in denen sie vor
toten soldaten warnt, da wegen der schlechten ausruestung der scheiss bundeswehr
auf dem scheiss balkan die gefahr besteht, dass irgendwelche scheiss minen ihr
ihre scheiss panzer in die luft jagen. und so bin ich mir nicht sicher, worauf
ich sehnlicher warte: auf den tag, an dem die naechste reduzierung des
bundeswehretats beschlossen wird, oder doch eher auf jenen, an dem ohne
irgendeine medienresonanz ein sondereinsatzkommando der polizei die redaktion
der faz verwuestet, saemtliche computer zertruemmert und den redakteuren, die
dahinterstecken, ihre klugen koepfe blutig schlaegt.

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