vali djordjevic on Mon, 1 May 2000 23:48:10 +0200 (CEST)


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Re: [rohrpost] Warum es zuwenig interessante Netzdichtung gibt - Neun Thesen


Hallo Florian, hallo Liste,

hier die Nachricht, die ich eben voreilig schon mal losgeschickt habe, 
diesmal hoffe ich vollständig.

At 20:24 01.05.00 +0200, Florian Cramer wrote:
 > Ich stimme Dir gerne zu, daß das Internet solchen Erzählformen neue
 > Aktualität verleiht, weil es zum einen die Distribution populärer Kultur
 > begünstigt, zum anderen ihre intertextuelle Fortschreibung durch die
 > Möglichkeiten des Cut'n'paste, bzw. die Zirkulation von Text in ohne
 > Abtippen prozessierbarem Quellcode.

In den 80er Jahren wurden Videokameras plötzlich so billig, dass sie für 
breitere Schichten zugänglich wurden. Dadurch entstand eine ganz neue 
Kultur des Bildschaffens, die auch politische Implikationen hatte, unter 
anderem Demokratisierung des Fernsehen, was zur Schaffung der offenen 
Kanäle führte.
Das zweifelt niemand mehr an, auch wenn in Berlin ja gerade über die 
Abschaffung des O.K. debatiert wurde.
Das Internet spielt eine ähnliche Rolle für die Veröffentlichung von Texten 
nicht nur journalistischer Art. Die Tradition, in der FanFiction steht, 
hast Du ja kurz angerissen. Ich finde aber, dass die Veränderungen, die mit 
der Vereinfachung der Veröffentlichung und Distribution durch das Internet 
einhergehen, durchaus einen qualitativen Sprung bedeuten. Nun will ich gar 
nicht behaupten, dass FanFiction einen Kunstanspruch hätte, es sollte nur 
als Beispiel dienen, wie ein Genre, das vor dem Internet nur eine kleine 
Rolle in geschlossenen Zirkeln spielte, durch das Netz plötzlich einen ganz 
anderen Stellenwert genießen kann.
Literatur, die das Netz nur als Distributionsmedium nutzt, wird durch 
dieses Medium verändert und dass sollte man doch beobachten und nicht 
einfach abtun, als nicht medienspezifisch genug. Man kann natürlich darüber 
diskutieren, ob ausgerechnet ampool.de diesen Kriterien entspricht (oder 
nicht ;-).

Was mich insgesamt an den 9 Thesen stört, das die Kriterien an 
Netzliteratur sehr eng gefasst sind. In diesem Sinne gehört ja fast gar 
nichts mehr dazu. Wenn es Dir allerdings um ein Projekt 'Netz-' bzw. 
'Computerdichtung' im Sinne von Poesie geht, dann wird damit dieses Genre 
ganz gut beschrieben.


vali


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