sascha brossmann on Fri, 20 Feb 2004 14:32:10 +0100 (CET) |
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Re: [rohrpost] Gestalten mit digitalen Medien - Universität der Künste Berlin |
-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE----- Hash: SHA1 Am 20.02.2004 um 00:29 schrieb Florian Cramer: > Auf Documenta und Biennale sieht man eine Kunst, die keine > eigenständige Bildsprache mehr entwickelt, sondern in ihren > "dokumentarisch"-installativen Formen visuell naiv oder ambitionslos > ist und die zeitgenössische Entwicklung von Bildsprachen "den Medien" > (=populären Massenmedien) überläßt, die sie zitiert. vermutung: die reaktion auf eine grössere formale üppigkeit vergangener (stärker hedonistisch geprägter) jahre führt in vielen fällen zu deren nachahmung als negatives abziehbild. der simpelkünstler macht nun also wieder verstärkt in "inhalten" und tut so, als liesse sich "form"/"gestaltung" von diesen feinsäuberlich trennen und/oder stellt sich vorgeblich "bewusst" gegen "form"/"gestaltung" (über die imho hochgradige beschränktheit und auch bequemlichkeit(!) dieser idee - als ob durch einfaches ignorieren das problem verschwände - möchte ich mich nicht weiter auslassen, ganz abgesehen von der m.e. nicht möglichen absenz von gestaltung in einem menschlichen artefakt). auf der anderen seite meine ich - irrtum nicht ausgeschlosssen - seit geraumer zeit gerade auch im fahrwasser komputierter visueller kunst - "design" hierbei immer mitgedacht - einen rückgriff auf ein imho eher naives, dafür aber ziemlich kunstmarktkompatibles bildkonzept zu beobachten, von dem ich annahm, dass es eigentlich seit geraumer zeit ad acta gelegt worden wäre (wenn man mal die die üblichen öl-/foto-/...-schinken für vorstandsetagen u.ä. mitsamt der sie produzierenden künstlerdarsteller ausser acht lässt). gerade so als hätten diverse künstlerisch formulierte fragen zum bild und seinen bedingungen/konstituenten in der zweiten hälfte des 20. jahrhunders nicht stattgefunden. das betrifft beileibe nicht alle arbeiten in dem angesprochenen feld - vielleicht sogar nicht einmal die mehrheit - und mag auch mit der längst noch nicht nicht abgeschlossenen pubertät des mediums zusammenhängen. in dem zusammenhang auch die frage, was - abseits der höheren geschwindigkeit mancher algorithmischen prozesse - die berechnung von bildern/bildfolgen mittels technischer schaltkreise von der berechnung mittels biomasse wesentlich unterscheidet (nb: ich halte im prinzip denken für rechnen). zumindest so lange andere wesentliche neue-medien-kriterien (z.b. nach der manovich-definition, die ich für sehr brauchbar halte) nicht erfüllt werden. vielleicht war aber auch z.b. die algorithmische bilderzeugung (oder musik~ oder poesie~) der 50er/60er-jahre ein visionärer vorausgriff, mithin eine (unzulängliche) simulation eines noch nicht existenten mediums in einem bekannten... sorry, wenn ich hier zu sehr gedankenspringe (dazu auch noch sehr fragmentarisch). > Bei den Videoinstallationen der Biennale im Martin-Gropius-Bau > entsteht so der Eindruck einer Hotelfrühstückszimmer-Dauerberieselung > mit CNN, die auch dadurch nicht besser wird, daß sie (auf ziemlich > einfältige zumal mit teilweise grauenhaft geschriebenen Begleittexten > auf geisteswissenschaftlichem Erstsemesterniveau) globalisierungs- und > urbanismuskritische Inhalte transportiert. im letzten herbst flatterte hier z.b. die ankündigung zu einem zkm-symposium über die liste, in der wurde auch behauptet: "Zeitgenössische Kultur ist ohne philosophischen [lies: geisteswissenschaftlichen - sb] Hintergrund nicht denkbar." (if your only tool is a hammer, every problem looks like a nail...) mir kräuselten sich dabei aber auch aufgrund des von dir erwähnten fänomens massivst die zehennägel. anscheinend gibt es aber derzeit u.a. von seite der vom kulturmarkt lebenden nicht-künstlerinnen (kuratoren, professionelle rezipienten & co.) entsprechenden bedarf. (siehe auch die anmerkungen von guido; freut mich übrigens, dass in dem zusammenhang mal jemand den pfaller erwähnt). andererseits sollte man vielleicht nicht allzuviel erwarten, wenn sich jemand in einem "fremden" medium artikuliert (wobei sich fragt, ob dieser jemand das dann auch unbedingt tun muss). herzliche grüsse sascha p.s.: die extrem hohe konvergenz zwischen kunst & design im neue-medien-bereich mag damit zusammenhängen, dass das design dort derzeit (anders als z.b. im print-bereich) noch stark gezwungen ist, seine bedingungen (mehr oder weniger experimentell) zu klären und auf den neu gewonnenen erfahrungen aufbauend entsprechende methoden zur (gestalterischen) problemlösung überhaupt erst zu entwickeln. im prinzip eine situation ähnlich wie vor 75-100 jahren, wo antworten auf viele designfragen mit künstlerischen mitteln/ansätzen gesucht wurden/werden mussten (was m.e. in der natur des unbekannten liegt). dabei mal ganz abgesehen von der fragwürdigkeit einer "klaren" grenzziehung zwischen den disziplinen, der übergang ist m.e. sehr fliessend. eine mögliche (aber nicht hinreichende) differenzierung wäre z.b. auf einer skala von extremer indivualität einer aussage* ("kunst") zu möglichst hoher allgemeingültigkeit ("design") möglich, die frage ist imho aber wie angedeutet eher akademischer natur. * lies "aussage" als: artefakt (bild/objekt/...), struktur, prozess, ... p.p.s.: noch ein blumenstrauss: ralph, ich finde du hast gute studenten! - -- :: 01@brsma.de ::. :: .. :... . .... . . . . . . :: www.brsma.de :: ..: .:. . :.. ..: . . . . . . :: icq #121790750 ::.: .:. :. ::. .. . .. . . . . :: public key id 0x2EA549A0 ::.. :: . . . . .. . . . -----BEGIN PGP SIGNATURE----- Version: GnuPG v1.2.4 (Darwin) iEYEARECAAYFAkA2DFsACgkQU/s4iC6lSaDz8ACglgVMn0GLlUYHbhZTgjvJlBhR CUQAn1F7fjvOVchf5Mirx/vHPgu+hipQ =Bl6n -----END PGP SIGNATURE----- ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/