by way of gregor sedlag on Mon, 9 Dec 2002 17:35:19 +0100 (CET)


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[rohrpost] CALL FOR PAPERS: Tagung zur SF-Serie Perry Rhodan


Mit der Bitte um weitere Bekanntmachung:

Archiv der Jugendkulturen e.V.
Fidicinstr. 3
10965 Berlin
http://www.jugendkulturen.de/

Fach Soziologie - Fakultät für Kulturwissenschaften
Universität Paderborn
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
http://hrz.upb.de/soziologie/FVeranstaltungen.htm


Deadline: 10.2.2003

CALL FOR PAPERS


Perry Rhodan – Ein Phänomen der Populärkultur

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verändert sich die Kulturlandschaft der
Industrienationen grundlegend. Die Zwänge der Arbeitsgesellschaft lockern
sich. Freizeitindustrie und Konsumkultur beginnen sich herauszubilden.
Insbesondere in den großen Industriestädten entseht eine Massennachfrage
nach unterhaltenden Sensationen und damit ein neuer Markt.
Während die Organe der Arbeiterbewegung, die an der Entstehung der freien
Zeit jenseits des Fabrikgebäudes und auch an einem, wenn auch geringen
Überschuss an Geldmitteln im Arbeiterhaushalt wesentlichen Anteil haben,
eine ›vernünftige Erholung- propagieren, nehmen findige Kulturunternehmer
die Möglichkeiten des Erholungs- und Freizeitmarktes wahr. Eines der
Angebote, die um die knappen Mittel der Unterschichtshaushalte konkurrieren,
sind in Groschenromanen veröffentlichte
Fortsetzungsgeschichten: ›Hintertreppenromane-, die von jenen gelesen
werden, welche die herrschaftlichen Vordertreppen nicht betreten dürfen.
Auch im Kontext der sog. ›Kulturkrise- um 1900 bildet sich in Angesicht der
Freizeitindustrie ein Diskurs heraus, der meint, höhere Kulturwerte gegen
die ›Schundromane- und die Sensationsindustrie verteidigen zu müssen. Dieser
Diskurs, der von der Differenzierung zwischen Hoch- und Massenkultur lebt,
bestimmt noch heute häufig kulturkritische Wahrnehmungsweisen. In den
Massenkünsten wittert man eine Gleichmacherei des Geschmacks und unterstellt
ihren KonsumentInnen den Verlust der Kritikfähigkeit.
Dieser Wahrnehmung sieht sich auch die 1961 gegründete Romanserie Perry
Rhodan bis heute ausgesetzt. Während aber KulturwissenschaftlerInnen solche
Mythen anhand von SF-Fernsehserien, insbesondere jenen aus dem Star
Trek-Universum, dekonstruiert haben, ist die Perry Rhodan-Serie bislang
nicht Gegenstand einer derart umfangreichen Forschung geworden. Kursorisch
erschienen über die Jahrzehnte verstreut immer wieder Beobachtungen, aber
diese lassen sich schwerlich in einem kontinuierlichen Forschungskontext
zusammenfassen.
Das ist insofern erstaunlich, als es sich um ein ausgesprochen erfolgreiches
literarisches Projekt handelt. Die PR-Serie ist nicht nur die weltweit
auflagenstärkste SF-Serie, sie stellt mit einer Laufzeit von nunmehr über 40
Jahren auch ein einmaliges kulturhistorisches Archiv dar. Weiterhin ist sie
kein Produkt der amerikanischen Popularkultur, sondern der deutschen und
wird international breit rezipiert. Zugrunde liegt ihr bis heute die Arbeit
eines Autorenkollektivs.
Die projektierte Tagung kann der zu konstatierenden, fachübergreifenden
Forschungslücke nicht abhelfen, aber sie möchte sie doch zumindest ein wenig
füllen. Es geht ihr daher darum, in einem verdichteten Diskussionskontext
kulturwissenschaftliche, ?soziologische und ?historische Perspektiven auf
das populärkulturelle Ereignis Perry Rhodan anzusetzen. Anvisiert wird die
Eröffnung eines interdisziplinären Horizontes, der die Serie als ein
spezifisches Medium kultureller Reflexivität nicht nur der bundesdeutschen
Gesellschaft zugänglich macht.

Die Tagung soll zwei Tage dauern und findet in Berlin vom 11.-13.7.2003 im
Archiv der Jugendkulturen e.V. statt.

Gesucht werden noch fünf Vorträge zu folgenden möglichen Themenbereichen:
·	Topoi der Kritik an Perry Rhodan seit den 70er Jahren
·	Zur Medialität von Perry Rhodan. Das Spannungsverhältnis zwischen
Schriftlichkeit und visueller Medienhegemonie
·	Literaturtheoretische Überlegungen zur Serialität
·	Geschlechterkonstruktion in der PR-Serie
·	Akteurinnen, Autorinnen, Leserinnen
·	Gab es eine PR-Rezeption in der DDR? – PR in den neuen Bundesländern
·	internationale Rezeption

Bereits gesetzt sind folgende Vorträge:
·	Der PR-Kosmos als Reflex der politischen Geschichte der BRD
·	Perry Rhodan als Phänomen der Massenkultur
·	Mythologische Konstruktion von Perry Rhodan
·	Zur Fankultur
·	Die Leserschaft

Die Reisekosten und eine Übernachtungspauschale werden übernommen.

Wir bitten um Themenangebote (Abstracts mit ca. 100 Worten) an Klaus Farin
im Archiv der Jugendkulturen (Tel.: 030/6942934, Fax: 030/6913016, e-Mail:
klaus.farin@jugendkulturen.de, Anschrift: Fidicinstraße 3, 10965 Berlin).
Schicken Sie Ihre Vorschläge bitte bis spätestens zum 10. Februar 2003.

Organisationsteam: Klaus Bollhöfener, Klaus Farin, Klaus N. Frick, Hartmut
Kasper, Gregor Sedlag, Dierk Spreen

Veranstalter: Archiv der Jugendkulturen e.V., Berlin; Fach Soziologie,
Universität Paderborn

Sponsor: Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt


Einige Literaturhinweise
Ellerbrock, Beate. 1976. Perry Rhodan. Untersuchung einer
Science-Fiction-Heftromanserie. Gießen.
Friedrich, Hans-Edwin. 1995. Science-fiction in der deutschsprachigen
Literatur. Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen
Literatur, 7. Sonderheft.
Galle, Heinz J. 1998. Volksbücher und Heftromane. Ein Streifzug durch 100
Jahre Unterhaltungsliteratur. Passau.
Graf, Werner. 1981. »Die Rätselwelt. Auskunft über tausend Wochen
Perry-Rhodan-Lektüre.« In: Literatur & Erfahrung, 7, S. 45-64.
Hallmann, Claus. 1979. Perry Rhodan. Analyse einer
Science-fiction-Romanheftserie. Frankfurt am Main.
Kasper, Hartmut. 1999. »Perry Rhodan – Ecce homo.« In: Ästhetik &
Kommunikation, 104, S. 81-86. (Download)
– 2000. »Die Welt ist hohl.« In: Ästhetik & Kommunikation, 110, S. 81-88.
– 2000. »Menschenknochen und ein Damenschuh – Rhodan muss in der Nähe
sein.« In: Das Science Fiction Jahr 2000. München.
– 2002. »Unsere Männer im All. Kleine Anatomie der deutschen
Zukunftsroman-Serienhelden und ihrer Begleiter(innen).« In: Das Science
Fiction Jahr 2002. München
Klein, Hans-Peter. 1976. Zukunft zwischen Trauma und Mythos:
Science-fiction. Zur Warenästhetik, Sozialpsychologie und Didaktik eines
literarischen Massenphänomens. Stuttgart.
Maase, Kaspar. 1997. Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur
1850-1970. Frankfurt am Main.
Mallinckrodt, Anita M. 1984. Das kleine Massenmedium. Soziale Funktion und
politische Rolle der Heftreihenliteratur in der DDR. Köln.
Mikos, Lothar. 1999. »Der Feingeist der Proleten.« In: taz mag,
24./25.7.1999, S. 4
Nagl, Manfred. 1972. Science Fiction in Deutschland. Tübingen.
Schröder, Torben. 1998. Science Fiction als Social Fiction. Das
gesellschaftliche Potential eines Unterhaltungsgenres.  Münster.
Schwonke, Martin. 1957. Vom Staatsroman zur Science Fiction. Eine
Untersuchung über Geschichte und Funktion der
naturwissenschaftlich-technischen Utopie. Stuttgart.
Seeßlen, Georg. 1994. Tanz den Adolf Hitler. Faschismus in der populären
Kultur. Berlin.
Stache, Rainer. 1986. Perry Rhodan. Überlegungen zum Wandel einer
Heftromanserie. Tübingen.
Teuscher, Gerhard. 1999. Perry Rhodan, Jerry Cotton und Johannes Mario
Simmel. Eine Darstellung zu Theorie, Geschichte und Vertretern der
Trivialliteratur. Stuttgart.
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