Henning Ziegler on Fri, 13 Sep 2002 09:25:20 +0200 (CEST)


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[rohrpost] AW: [rohrpost] Buchstabenwüsten



Tilman, am Lustigsten in der ASCII-Ausstellung fand ich die jungen
Mädels, die sich offenbar im Rahmen der 'Langen Nacht der Museen' in die
Ausstellung verirrt haben und die Rechner mal ganz praktisch zum Mailen
mit GMX genutzt haben.
http://userpage.fu-berlin.de/~hziegler/pics/ascii_chick.jpg

Henning


::

Henning Ziegler
http://userpage.fu-berlin.de/~hziegler 

New article:
"The Digital Cowboys - Hackers as Imagined Communities"
in NMEDIAC, The Journal of New Media & Culture, Summer 2002
http://www.nmediac.net

> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: rohrpost-admin@mikrolisten.de
[mailto:rohrpost-admin@mikrolisten.de]
> Im Auftrag von Tilman Baumgaertel
> Gesendet: Donnerstag, 12. September 2002 11:24
> An: rohrpost@mikrolisten.de
> Betreff: [rohrpost] Buchstabenwüsten
> 
> 
> http://www.taz.de/pt/2002/09/09/a0214.nf/textdruck
> 
> 
> Zeichenwüsten, die zu Bildern werden
> 
> Malen mit Buchstaben, das ist ASCII-Kunst. Eine Ausstellung zeigt die
> Erzeugnisse dieser Computersubkultur
> 
> Raumschiffe aus Buchstaben, Kühe aus Buchstaben, Blumengebinde aus
> Buchstaben, Darth Vader aus Buchstaben - eine kleine Ausstellung zeigt
nur
> Bilder, die aus Buchstaben und Sonderzeichen zusammengesetzt sind, die
so
> genannte ASCII-Art.
> 
> Die Präsentation, die in der ehemaligen Universitätsbuchhandlung an
der
> Spandauer Straße von einem kunstgeschichtlichen Projekttutorium der
> Technischen Universität Berlin organisiert wird, stellt eine der
> merkwürdigsten Subkulturen aus der an Merkwürdigkeiten nicht gerade
armen
> Computerkulturszene vor. ASCII-Art ist ein seltsamer Bastard aus
> Computerspielerei, konkreter Poesie, Graffito und experimenteller
> Literatur. Seit über zwanzig Jahren übt sich eine ganze
Computersubkultur
> in der schönen Kunst, Bilder aus Buchstaben zu machen. In der
"wirklichen
> Welt" ist diese Szene kaum bekannt, von der Kunstwelt ganz zu
schweigen.
> Aber im Internet gibt es ungezählte Websites und Foren, in denen
> unermüdlich neue ASCII-Art gezeigt und diskutiert wird.
> 
> ASCII ist die Abkürzung für American Standard Code for Information
> Interchange, eine Sammlung von 128 Buchstaben und Sonderzeichen wie
%,&,?
> oder §, die sich auf jeder Computertastatur finden und von jedem
Rechner
> verstanden werden. Der Standard wurde 1963 vom American National
Standards
> Institute (ANSI) eingeführt. Die ASCII-Art, die diese Buchstaben und
> Sonderzeichen nutzt, um mit ihnen Bilder und Grafiken zu produzieren,
> stammt aus der Zeit, als die meisten Computerbildschirme noch keine
Bilder
> anzeigen konnten. Um überhaupt visuelle Elemente in der
Buchstabenwüste
> aus
> Code und Befehlen auf dem Monitor anzeigen zu können, behalf man sich
mit
> den Buchstabenbildern. Obwohl das inzwischen nicht mehr notwendig ist,
> gibt
> es nach wie vor eine riesige und internationale ASCII-Art-Szene.
> 
> Beim normalen Computeruser sind allenfalls die so genannten Emoticons
> angekommen, die kleinen Buchstabensymbole, die in E-Mails Gefühle
> signalisieren sollen: ;-) zum Beispiel. Auch in den Cyberpunk-Film
> "Matrix"
> taucht ASCII-Art auf: Die Titel des Films entstehen aus über die
Leinwand
> rieselnden Buchstaben im historischen Monitorgrün, und auch die
Hauptfigur
> Neo (Keanu Reeves) erkennt bei einer Verfolgungsjagd in einer Art
Vision,
> dass seine ganze Umwelt eigentlich nur aus ASCII-Code besteht.
> 
> Die Ausstellung "Uniting through Standards" zeigt nun eine Auswahl von
> Werken aus dieser digitalen Kunstgattung. Von der Decke hängt auf
> Endlospapier ausgedruckte ASCII-Arbeiten, an einer Reihe von Computern
> kann
> man Spiele, Filme und interaktive Arbeiten ansehen. Das Niveau reicht
von
> Knapp-über- Toilettenschmiererei bis zu Arbeiten von Künstlern, die
schon
> an der documenta teilgenommen haben. Die erste Web-Arbeit
"%20location"
> des
> holländisch- belgischen Netzkunstduos Jodi (www.jodi.org), die aus
> zermörserter ASCII-Art besteht, ist sowohl auf einem Computermonitor
als
> auch als Ausdruck zu sehen. Alexei Shulgins "XXX" spielt mit
enttäuschten
> Benutzererwartungen: Auf einer pseudopornografischen Seite sind alle
> Sexbildchen in einer jugendfreien ASCII- Version zu sehen.
> 
> Aber ASCII-Art beschränkt sich schon lange nicht mehr auf statische
> Bilder.
> Auch das historische Computerspiel "Space Invaders" kann man in einer
> "Text
> Only"-Version aus dem Web herunterladen. Selbst Filme wie etwa der
Sexfilm
> "Deep Throat" oder "Krieg der Sterne" sind in einer ASCII-Version im
> Internet zu finden. Einen fast pointillistischen Effekt erzeugt der
> @sciifyer, auf dessen Website ununterbrochen und automatisch
Pin-up-Bilder
> zu Buchstabenwüsten verarbeitet werden.
> 
> Es dürfte kein Zufall sein, dass bei vielen ASCII-Arbeiten der
menschliche
> Leib - und sei es auch nur in Form von pornografischen Bildern - eine
> Rolle
> spielt. So konfrontieren die ASCII-Künstler die Unsinnlichkeit des
Textes
> mit der Sinnlichkeit des Körpers. "ASCII-Art steht in einer
> kunstgeschichtlichen Tradition der Auseinandersetzung von Zeichen und
> Bild", meinen die Initiatoren der Ausstellung. Ein Rückblick auf die
lange
> Geschichte des Schriftbildes, die bis in die Antike zurückreicht,
bietet
> die Berliner ASCII-Ausstellung allerdings nicht; auch nahe liegende
> Verweise auf die konkrete Poesie, die "befreite Sprache" der
Futuristen
> oder die Experimente mit neuen Buchstaben durch die französischen
> Lettristen fehlen. Den gegenwärtigen "state of the ASCII-Art"
dokumentiert
> die Show allerdings recht umfassend und auf amüsante Art und Weise.
TILMAN
> BAUMGÄRTEL
> 
> Bis 14. 9., täglich 14-21 Uhr, im BGF, Spandauer Str. 2, 10178 Berlin
> 
> taz Berlin lokal Nr. 6848 vom 9.9.2002, Seite 25, 153 Kommentar TILMAN
> BAUMGÄRTEL, Rezension
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