Peter C. Krell on Sat, 13 Apr 2002 00:21:01 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Re: [rohrpost] Nazis = Dreiecke


Avatar-Klassenbruch im Reflex des fraktalen Selbst



Möglicherweise ist Kunst in einer Erlebniskultur wie der unseren zum Grundbeduerfnis wie Essen und Trinken avanciert. Sie scheint die nachreligioesen Beduerfnisse der Massen zu befriedigen. Denn anstelle allsonntaeglich in die Kirchen zu pilgern, geht man lieber in die Clubs und Discos bzw. in die Kunstaustellungen.



Dort begegnet man der jeweiligen Scheinrealitaet seiner Wahl, waehrend andererorts gehungert, gestorben und gekaempft wird. Was dem einen sein Jihat ist dem anderen sein Geltungsbeduerfnis im Rahmen der schoenen (oder auch nicht so schoenen) Kuenste.



Wem das alles zu hoch ist und daher nicht mitdiskutieren kann, der braucht nicht erst bei Heidegger oder Adorno nachlesen, was ein Jargon der Eigentlichkeit eigentlich ist. Nein, zahllose Piet Mondiran Kaffee-Tassen, die es inzwischen auch bei Woolworth zu kaufen gibt, sprechen eine ganz andere Sprache. 

Denn waehrend die grossen Meister wie Marcel Duchamp, Picasso und Jeff Koons (et al.) das Triviale zur Kunst erhoben haben, was an subversivitaet nicht zu toppen ist, avancieren in Berlin der fruehen 2000er Jahre zeitversetzt Tunrschuhe bzw. Sneakers zu Kunstobjekten zweifelhaften Rangs genauso wie T-Shirts und Baseballcaps und andere fragwuerdige Gegenstaende der gloreichen Pioniertage robotergenerierter Computer (die dem Apple) fuer den Massenmarkt. Alles wird, wenn es erst einmal verschwunden ist, zur Kunst. Und allem bleibt ein schimmernder Funken von mysterioeser Anmut erhalten. In holden Worten hungert man begrifflich engargiert dem schoenen Schein des Vergangenen nach. So war und ist es mit dem chinesischen Neolithikum, der Antike und selbst bei den Beilagezettel von seltenen Ueberraschungseier. Das atomare Bedrohungsszenario weicht der generell furchtsam erlittenen Antizipation des Untergangs. Nicht umsonst liest man den Spiegel wie ein unterhaltsamen Essential zur Frage danach, wie gut es einem selbst geht.



Man schafft, man ist und mit einem seine jeweils zehntausend Gegenstaende wie im Taoismus. Und gleichzeitig gilt Shakespeare Spruch: Tant, Tant, ist das Gebilde von Menschenhand (-- daher spielen die Leute auch Fußball).

Immaterielle digitale Daten werden in die Langzeitspeicher eingehaemmert, ephemere, zeitunbestaendige Sinneffekte sind die Folge. Ein stilles Verlangen nach der Ewigkeit breitet sich aus wie ein effizientcodierter Computervirus und befaellt an allen Orten und Nichtorten die Iconen der Kultur. Selbst ein WTC stuertzt in Schutt und Asche. Nichts ist mehr sicher.

Dafuer ergibt sich folgende Hoffnung:

Alles, was sonst nur Schall und Rauch sein koennte, wird heute zur nahezu unausloechlichen Datenspur.

Das WTC ist zwar futsch, die Daten aber konnten zum Großteil gesichert werden. Grund: Ein dezentrales Back-Up im Irgendwo.

Waehrend hierzulande mit dem Blick auf eine antizipierte Ewigkeit die verstaendige Kunst-Debatte gefuehrt wird, schuften in Asien Kinder zum Hungerlohn, damit in zwanig Jahren ein irgendwer die Emergenzen ihrer kleinen Haende ausstellen kann. Der naechste sammelt Briefmarken, ein anderer, sei es real oder imaginaer, Tattoos.  



Die Begriffe reichen hinten und vorne nicht, um all der Phaenomaene gerecht zu werden. Was bleibt ist Poesie.

Und die beginnt nach Lacan mit der Metapher.

Die sproede Realitaet der Desktop Metapher geraet zwar unter dem Paradigma der mobilen Computeranwendungen zunehmend in Erklaerungszwang. Dennoch beharrt man weiterhin auf singulaeren Formen von Medialitaet, als koennte diese letztendlich doch noch im Modus einer absoluten Reduktion, wenn schon nicht zur Weltwahrheit so doch wenigstens zur Tugend fuehren.



Die Computerrealitaet, zu der auch Computerspiele gehoeren, scheint ihren sie beschreibenden Begriffen entwachsen zu sein. Dies gilt in Analogie fuer saemtliche natuerlichen Phaenomene, nicht erst seit Rousseau. Selbstassemblierte Computer und Computersysteme, die ein Rousseau nicht kannte, werden trotzallem nicht als natuerliche Wesen anerkannt.



Bescheiden und beschaehmt, blickt der Mensch auf zu seiner Wundermaschine, in der seine kommunizierbaren Wuensche und Hoffnungen Gestalt annehmen. Er tippt:



Willkommen in Ideenland! Willkommen im immateriellen Raum, welchen letztendlich nur ihr Schoepfer kennt.



Sein Medium sind die WORTs, die Sprachen, die Medien der Differenz. Und hier erscheint das, was noch vor ueber zweitausend Jahren Aristoteles zufolge wissenschaftliche Erkenntnis (episteme), sittliche Einsicht (phronesis), philosophische Weisheit (sophia) und intuitiver Verstand (nous) in verschiedene Klassen voneinander trennte, unter dem Paradigma des Universalmediums Computer in dekonstruierter und hybridisierter Form erneut zusammenzuwachsen. Bei den induzierenden Deduktionen dieser gedanklichen Neuordnung der Begriffe handelt es sich um affektive Emergenzen zwischen null und eins in einem Zeittakt jenseits aller Herzfrequenzen.



Das Innere zählt nicht, bzw. weniger als der Schein. 



Es geht um Geld. Auch bei Lara, Mario und Pacman. Und nichts daran ist verkehrt.

Dennoch handelt es sich auch bei ihnen um nichts als leere Huellen. Denn einem endokrinen Sinnesapparat entspricht einem Wesen in einem 3D-Shooter-Game (seien es Nazis, Terroristen oder Dreiecke) nichts als eine retuschierte, äußere Hülle. Denn die Marios dieser Gegenwart verfuegen über keinen Stoffwechsel, in so fern ist an ihnen nichts hyperrealistisch. Vielmehr weisen die Fassaden auf ein Tao der Leere hin. Beseelt sind einzig und allein die sie bewegenden Spieler und deren natuerlich deren Entwickler. Aber auch dies zweifelt man zumindest zur Stunde noch an.

Dagegen sind Opernbesucher Emergenzen einer ganz anderen Welt. Sollte man sie daher verbieten oder dem Pöbel unzugänglich machen verbieten? Es lebe der Stilbruch!

Die Oper soll leben! Damit man wie Fischer zu seiner Vereidigung mit Turnschuhen hingehen kann. Sie soll leben als das, was sie ist: als ein antiquierter Museumsbetrieb des Hoechstartifiziellen und einem Kult all derer, die den Formans "Amadeus" Film im Director´s Cut gesehen haben. Sie soll leben, nichtzuletzt, damit man sich bisweilen von ihr abzusetzen kann. Oder kann sich Berlin selbst das nicht mehr leisten?

Mozarts Widersacher Saliri, den Puschkin für Rußland und Forman für die Hoolywood zeitversetzt wieder auferstehen ließen von den Toten, gruesst in scheinbar ewiger Widerkehr aus seiner tiefen Gruft herauf. Seine Opern sind tot. Seine Art, die Kunst in leidenschaftlicher Hingabe zu erleiden, lebt!



Auch wenn F. Murray Abrahams Kostueme vorerst nicht zur Auktion vorgesehen sind, werden Lara Crofts Kleider jetzt zugunsten von UNICEF versteigert. Liegt darin vielleicht der wesentliche Unterschied zwischen Trivial- und Hochkultur verborgen?



Who knows...



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Unless you're lucky enough to live in Japan, dressing up as a

videogame character can instantly relegate you to object of ridicule

status - even in the eyes of those you believe to be your best friends.

Crash Bandicoot, Duke Nukem, King from Tekken, and Abe costumes have

all proved to be fashion faux pas in the past for, err... a friend of

GameSpot UK in the past. There is an exception to this rule however,

at least according to Eidos Interactive and eBay UK who have recently

teamed up to auction the original Lara Croft costume, as worn by Nell

McAndrew, in aid of UNICEF.

It's a great cause, the costume would be a great investment for the

future, and best of all you'll never need to worry about what to wear

to fancy dress parties again - it even comes with guns! You can and

should check out the full story here: 



http://cgi.zdnet.com/slink?176202 

 

If you're at this year's open-to-the-public ECTS show, maybe I'll be

the one swaggering around in military shorts and a green rubber top.

Or maybe not.

 

Justin Calvert

Deputy Editor, GameSpot UK






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