Ruine der Kuenste Berlin on 19 Sep 2001 15:39:54 -0000 |
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[rohrpost]Endlich geschafft: China's Propagandaministerium in Berlin |
Endlich geschafft: China's Propagandaministerium (heftig zur Zeit anwesend in Berlin in zahlreichen Personen, und mit unseren Staatmännern und -frauen deutlich gemeinsam auf den Bühnen stehend) hat alle Klischees nach Berlin gebracht, die sich der arglose Bürger und der unwissende Politiker von diesem Land erträumen. Nur eines fehlt: Tibet. Und das wiederum haben sich die Chinesen erhofft, dass es ausgespart wird. Wir es aber nicht. Zunächst zu den anderen Klischees, und wir wissen, wovon wir reden. l. Die füntausend Jahre Kultur: Ein Kunstgeschichtler wird es schwer haben, in der sog. fünftausendjährigen Kultur Chinas viele qualitätsvolle, humane Zeiten wirklich chinesischer Künste auszumachen. Da sind nur mit Hochachtung die Tang-Dynastie zu nennen, in der der Buddhismus nach China kam (jetzt ist er schon lange verschwunden), und das waren alles andere als chinesische Völker, die ihn über die Seidenstrasse brachten und zu denen er gebracht wurde. Das Ganze dauerte relativ lange, sagen wir drei Jahrhunderte. Dann die mit gleicher Hochachtung die tatsächlich chinesische Sung Dynastie, die, sagen wir grob, ein Jahrhundert dauerte und in der die Philosophien und der Handel, die Dichtkunst und die Malerei, vor allem aber die Keramik blühten. Und dann bleibt noch die von den Mongolen und dem tibetischen Buddhismus in Peking beherrschten 150 Jahre bis zu den Revolutionen. Alles in allem ein paar Jahrhunderte, der Rest war grauenhafte Sklaven-, Kriegs- und Unterdrückungs'kunst' und -'kultur'. Wir wissen sehr wohl noch von einigen sehr frühen vorchinesischen Völkern mit hoher Kunst zu berichten, die meist nur kurze Zeit am Leben war. Die meisten der den Touristen im Lande und meist in Kopien zu uns gebrachten vorgeführten Ausgrabungen und die fast gesamte Bronzekunst sind künstlerisch gesehen, barbarisch grausame, angewandte Staatskünste gewesen. Dass Bürger überall die hohe Geschicklichkeit der Handwerker immer mit Kunst verwechselt haben, ist auch heute noch tragischer Grund für die Irrtümer der Fehleinschätzung. Von den fünf Jahrtausenden bleibt also nicht viel hohe Kunst übrig, und das war mehr als zur Hälfte von Fremden (Indien/Tibet) gefördert. s2. Der Buddhismus: Lassen Sie sich von niemandem erzählen, in China gäbe e noch den lebendigen Buddhismus, die Philosophien, die ernstthafte Buddhisten meinen. Fast alle noch erhaltenen, bzw. wieder für den Eintrittskarten-Tourismus restaurierten Tempel werden von Aktentaschenmönchen 'bespielt': morgens zum Dienst, abends Robe ausziehen, nach Hause, von Staats wegen bezahlt. Nur wenige Ausnahmen,und nur in bisher von Touristen unbesuchten Landesteilen hat es in allen, auch den schlechtesten Zeiten gegeben. Die jungen Chinesen wissen nichts von ihren alten Philosophen und können der Urgrossmutter im Tempel nur heftig Räucherstäbchen schwingend oberflächlich nachmachen, an was sie sich noch erinnert. Damit wir uns nicht falsch verstehen, das ist kein Vorwurf an Chinesen, alles nicht , was hier gesagt wird, sondern eine Reaktion auf die von Staats wegen eingekauften Festwochen. Es gibt bei uns das gleiche Problem mit dem Christentum. Aber wir benutzen (hoffentlich) das Christentum nicht als Propaganda. 3. Die Traditionen. Pekingoper, Puppentheater, die Faszination des handgeschöpften Papiers, Rituale, in Stein geschnittene Stempel, Tuschemalerei, Kalligraphie, alles inzwischen längst funktionslose Relikte der alten Zeiten werden zwar noch praktiziert, aber ihre Relikte oder die Objekte stehen nur noch als Nippes im Wohnzimmerschrank oder tauchen als Sentimentalia hin und wieder im Bewusstsein des täglichen kapitalistischen Lebens in China auf.(wir sprechen hiert nicht vom Landleben in China). Aller Kitsch - und China hat den Kitsch der Welt inzwischen gepachtet und produziert ihn und exportiert ihn heftigst, ist in Berlin, so wie er an jedem Touristenpunkt Chinas immergleich auftritt. Ja, selbst die Vitrinen dazu hat man eingeflogen. Das Programmheft der Asien-Pazifik-Wochen Berlin 2001, zu denen zu gehören die Ruine der Künste Berlin sich inzwischen schämt, weil unser Beitrag höchste Qualität besitzt, sieht aus wie ein schlechter Reiseprospekt. Sie finden alle genannten Klischees belegt wieder: Die Buddha-Show (von grossartigen Skulpturen aus der Zeit vor China als China), die Oper, die Tänze, falsche Shaoling-Mönche, ein Staatskommerzunternehmen war ja neulich da, den Tuscheromantizismus, die Souvenirs, die immer noch sehr rote Staatspolitik auf jeder Bühne, und nach einer Pressekonferenz sehen Sie dann im Nebenraum, wie den chinesischen Journalisten von einem, der dazu da ist, aufs Papier diktiert wird, worum es geht. Der einzige Trost: In der Videokunst Chinas haben Sie gelegentlich das Glück, bei gewollten oder ungewollten Schwenks der Kamera, zu sehen, was eigentlich nicht (oder manchmal doch) zu sehen sein soll: das alltägliche China zumindest auf der Strasse.Vom Inneren können ihn diejenigen Künstler (und andere) erzählen, die länger oder öfter da waren, und da gibt eine nennenswerte Zahl. Aber die werden von Politikern, die die Asien-Pazifik-Wochen und ähnlichen Politkitsch machen, nicht gefragt. Schauen Sie hinter die Dinge, bitte. (Und Tibet's Kultur lässt auch freundlich von sich hören, zum (kleinen) Beipiel im Internetstück tibetischer Sprache www.tu-berlin.de/~arch_net_art) Einen herzlichen Gruss auch an alle chinesischen Freunde Wolf Kahlen ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de