krystian on 4 Jul 2001 12:00:00 -0000


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[rohrpost] TELEPOLIS: Semi(o)resistance


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von Krystian Woznicki <krystian@snafu.de> gesandt.

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 Semi(o)resistance
 
 Florian Schneider   04.07.2001 
 
 Online- und Offline-Protest im Zeitalter der New Actonomy 
 
 
 
  Mittwoch, 20. Juni 2001. Gegen Viertel nach Zehn und vor mehreren 
Tausend Anteilseignern eröffnet Aufsichtsratsvorsitzender Schlehde in 
penetrantem Tonfall die diesjährige Lufthansa- Hauptversammlung in der 
Köln Arena. Er will Souveränität suggerieren, weiß aber, was wie 
mittlerweile jedes Jahr auf den Versammlungsleiter des 
Aktionärstreffens zukommen wird: Proteste von AbschiebungsgegnernInnen, 
AktivistInnen von "kein mensch ist illegal" und der "Deportation.Class" 
Kampagne, die zu jeder passenden Gelegenheit ihr ceterum censeo 
vortragen: Keine Abschiebungen auf Lufthansa-Linienflügen.  
 
 
 
 Vor der Halle treten "FlugbegleiterInnen gegen Abschiebungen" mit 
einem Investorinfo auf die Kleinaktionäre zu. Gleich daneben wurden in 
kurzen Performances Abschiebungen nachgestellt und vor allem, wie sie 
von Bordpersonal und Fluggästen in letzter Sekunde noch verhindert 
werden können. Auch in der Halle passiert das Unausweichliche: Die Rede 
von Vorstandschef Jürgen Weber wurde immer wieder von Sprechchören und 
vor dem Redepult aufgespannten Transparenten unterbrochen. Insgesamt 
fünf Mal musste ein zusehends nervöserer Sicherheitsdienst 
AktivistInnen vor laufenden Kameras aus dem Scheinwerferlicht zerren. 
Unschöne Szenen, die in der Debatte des Geschäftsberichtes immer wieder 
angesprochen werden, genauso wie die Security-Checks, die dieses Jahr 
offenbar vor allem dazu dienen, Lufthansa-kritisches 
Informationsmaterial gar nicht erst in die Halle gelangen zu lassen und 
die Deportation.Class-Plastiktaschen, die den AktionärInnen überreicht 
werden, aus deren Besitz zu beschlagnahmen und in bereitgestellte 
Mülleimer zu werfen. Bis zum späten Nachmittag, als endlich über die 
Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand abgestimmt werden konnte, 
treten "Kritischen Aktionären", Menschenrechts-AktivistInnen, die 
US-amerikanische Künstlergruppe RTmark, RechtsanwätltInnen und immer 
mehr, ganz normale AktionärInnen ans Mikrophon und kritisieren den 
Vorstand aus verschiedensten Gründen für das Festhalten an 
Abschiebungen auf Lufthansa-Linienflügen. Am Ende war es wie immer: Der 
erschöpfte Vorstand blamiert sich in offensichtlich überforderter, 
hilfloser Umgehensweise mit den eigentlich überzeugenden Argumenten 
seiner KritikerInnen. 
 
 Alles schön und gut, und selbst die verhärtete Position des 
LH-Vorstands gibt Anlass zur Vermutung, dass dieses Ritual auch in den 
nächsten Jahren die Lufthansa-Aktionärsversammlung überschatten dürfte 
- wäre da nicht noch eine weitere Aktion gewesen, die nicht in oder vor 
der Halle stattfand, sondern in der virtuellen Welt: Schon Wochen vor 
dem Aktionärstreffen waren Medienberichte über die LH-Hauptversammlung 
geprägt von einer angekündigten und offiziell bei Kölner Ordnungsamt 
und Polizei angezeigten Online-Demonstration, die Punkt 10.00 Uhr mit 
einem symbolischen Mausklick vor der Köln-Arena eröffnet wurde. 
Gleichzeitig mit den Protesten in der Halle sollte der Webserver der 
Lufthansa von zehn bis zwölf Uhr vormittags lahm gelegt oder dessen 
Antwortzeiten zumindest so verlangsamt werden, dass ein bemerkenswerter 
Effekt entsteht . Es war so etwas wie eine Premiere, wenn auch nicht 
das erste Mal, dass die Metapher "Online-Demo" für einen elektronische 
Versammlung verwendet wurde. Es war ein software-gestützter, 
massenhafter Protest, an dem Menschen aus der ganzen Welt mit einfachen 
Mausklicks teilnehmen konnten. Es war so etwas ähnliches wie ein 
Denial-of-Service-Angriff, nur dass Ziele, Motive und Zeitpunkt offen 
angekündigt, lokal und temporär begrenzt waren. Es ging sicherlich 
nicht darum, größtmöglichen Schaden anzurichten, sondern um eine 
symbolische Verdichtung: Die lang ersehnte Synchronizität von online 
und offline; die mediengerechte Dramatisierung eines berechtigten 
Anliegens, das mit herkömmlichen Methoden natürlich niemals so weit 
verbreitet und vermittelt hätte werden können; die Erprobung einer 
ebenso umstrittenen wie vielversprechenden Aktionsform, die Widerstand 
ebenso virtualisiert wie globalisiert; ein - so paradox das klingen mag 
- Hybrid aus immaterieller Sabotage und digitaler Demo. 
 
 
 
 Lauter Sieger 
 
 
 
 
 
 Die Bilanz eines solchen Vorhabens muss genauso unkonventionell 
ausfallen, wie sein Anspruch. Oder andersherum: Was gibt es überhaupt 
zu bilanzieren, einzuschätzen oder zu bewerten? Technisch gesehen ist 
der Effekt mehr oder weniger beliebig interpretierbar. Wie es sich 
gehört, sprechen beide Seiten von einem Erfolg ihrer Taktik: Die 
OrganisatorInnen der Online-Demo betonen, dass die Lufthansa-Homepage 
über den verabredeten Zeitraum von zwei Stunden mehrmals so gut wie 
nicht erreichbar gewesen sei und weisen dies sogar mit hübschen 
Diagrammen nach. Lufthansa-Verantwortliche räumen Engpässe ein, 
sprechen aber ebenfalls von einem Erfolg ihrer Protest-Abwehrstrategie, 
weil es gelungen sei, zusätzliche Leitungskapazitäten heranzuschaffen. 
Gleichzeitig wurden offenbar ganze Sub-Netze abgehängt, aus denen die 
kritischen Daten-Anfragen vermutet wurden. Mit der logischen 
Konsequenz, dass diejenigen, die von dort aus protestierten, natürlich 
einen Erfolg erzielen mussten, auch wenn dieser im schlimmsten Fall nur 
aus ihrer Perspektive wahrnehmbar war. 
 
 Auch auf dem symbolischen Feld gibt es zwei Sieger: Die Online-Demo, 
der es nach eigener Einschätzung ja vorrangig um die Herstellung einer 
möglichst großen Öffentlichkeit für das eigene Anliegen ging, und eine 
enorme, auch internationale Aufmerksamkeit auf die Proteste gegen die 
Lufthansa "Deportation.Class" ziehen konnte, welche mit herkömmlichen 
Methoden ausgeschlossen gewesen wäre: Artikel bis hin zur Washington 
Post, Agenturmeldungen, die um die ganze Welt jagten, große Debatten 
auf von Fernsehsendern und Printmedien eigens eingerichteten 
Online-Foren, bald jeder Bericht gleich ob in Magazinen oder 
Tagespresse, Netz- oder Provinzzeitungen machte die Meldung von der 
Lufthansa-Aktionärsversammlung mit dem pfiffigen Aufhänger: 
"Online-Demo" auf. Aber auch die NetzwerktechnikerInnen der Lufthansa 
können stolz darauf verweisen, dass es ihnen gelungen sei, den Schaden 
eines in ihren Augen "aggressiven Angriffs" zumindest in Grenzen zu 
halten. Der Webserver stürzte nicht ab, wie viele virtuelle 
DemonstrantInnen dies im Vorfeld zumindest insgeheim erhofften, sondern 
blieb - wenn auch um den Preis der zeitweiligen und womöglich lokal 
begrenzten Unerreichbarkeit - einigermaßen unversehrt. Selbst der 
immense Aufwand, den die Lufthansa-Netzwerktechniker treiben mussten, 
dürfte sich rechnen: Der Konzern konnte mehr oder weniger unfreiwillig 
eine gewisse Kompetenz im Umgang mit neuen Herausforderungen 
demonstrieren. 
 
 Das Schöne am Virtuellen ist, dass beide Seiten also nicht nur Recht 
haben, sondern von einem Erfolg sprechen können, und eine endgültige 
Abrechnung darüber hinaus keine weitere Bedutung hat - geschweige denn 
eine Rolle spielt. Typische "Win-Win-Situation" hieß dies bis vor 
kurzem und war ein absolutes Muss im Business-Plan eines jeden 
Start-Ups. In den Konzepten der New Actonomy geht es aber um mehr, als 
nur außergewöhnlich gute Geschäfte zu versprechen, die sich hinterher 
meist als fromme Wünsche entlarven oder politische Metaphern möglichst 
eingängig und bruchlos von der Offline- in die Online-Realität zu 
übersetzen, um den propagandistischen Mehrwert als erster abschöpfen zu 
können. Die eigentliche Herausforderung von virtuellen 
Widerstandsformen existiert in einer äußerst pragmatischen Dimension: 
Die Materialität des virtuellen Widerstandes macht die Interaktivität, 
die Kommunikation also zwischen den untereinander vernetzten 
AktivistInnen aus, die nicht nur Sender und Empfänger, sondern auf 
einmal auch TeilnehmerInnen und OrganisatorInnen zugleich sind. 
 
 
 
 Vernetzung real und virtuell 
 
 
 
 Was aber bedeutet Vernetzung in diesem Zusammenhang? Netzaktivismus, 
so rudimentär dieses Genre sich im Moment abzeichnet, findet im 
Wesentlichen auf drei Ebenen statt: Zum einen geht es um die 
unmittelbare Vernetzung innerhalb einer Bewegung. Kommunikation wird 
vom analogen ins digitale Medium übersetzt: Mailinglisten und die 
Kommunikation darauf, davor und dahinter, sowie statische Webseiten, 
die als nützliche Handreichung oder Archiv für die Aktivisten selbst 
konzipiert sind. Diese primäre Form der Vernetzung führt zur Bildung 
von virtuellen Gemeinschaften, die sich von den Offline-Communities gar 
nicht mal so sehr unterscheiden außer in dem Punkt, dass die Menschen 
sich nicht mehr notwendigerweise physikalisch treffen müssen, aber sehr 
oft hinterher dann genau dies umso öfter, umso lieber, umso bewusster 
tun. Es führt aber auch dazu, Schritt für Schritt den praktischen 
Nutzen der neuen Technologien zu erforschen und zu erweitern 
 
 
 
 Auf der zweiten Ebene werden dann Schnittstellen zwischen Bewegungen 
konstruiert. Hierbei geht es darum, Menschen aus unterschiedlichen 
Zusammenhängen zu vernetzen. Inspirierende und motivierende Umgebungen, 
in denen neue Formen von Aktivität erforscht und entwickelt werden 
können: Kampagnen, Meta-Datenbanken, verteilte Aktivitäten, die an den 
Schnittstellen angesiedelt sind zwischen Online- und Offline-Welt. 
Insofern es um Interfaces geht, werden auf dieser Ebene erstmals Fragen 
der Subjektivität und Interaktivität entscheidend: Gegenseitige 
Hilfestellungen, technischer und inhaltlicher Support statt 
Arbeitsteilung, Kollaboration, offene Quellen und kollektive 
Produktivität. Schöne Beispiele sind RTmark, Indymedia, aber auch 
Ein-Punkt-Kampagnen wie "Deportation.Class", wo es darum geht, 
möglichst viele verschiedene Herangehensweisen miteinander so zu 
verbinden, dass aus dieser Virtualität oder unendlichem 
Tätigkeitsvermögen ein viel größerer Nutzen entsteht, als wenn die 
Menschen, Gruppen oder Bewegungen auf sich selbst zurückgeworfen wären. 
 
 Die dritte Ebene schließlich besteht aus virtuellen Speichern für 
unvorhersehbare und unkalkulierbare Bewegungen. Der Anspruch lautet, 
das Netz als Plattform für rein virtuelle Auseinandersetzungen zu 
nutzen, die sich nicht länger oder immer weniger auf eine romantische 
Offline-Wirklichkeit beziehen: E-Protest wie Online-Demonstrationen, 
elektronischer ziviler Ungehorsam, immaterielle oder digitale Sabotage 
als Resultat künftiger sozialer Auseinandersetzungen. Ein Oxymoron, das 
ein enormes Potential birgt. 
 
 Das "Neue" an vernetzten Aktionsformen wie der Online-Demo könnte also 
gar nicht einmal darin bestehen, dass nun statt auf der Straße am 
Bildschirm demonstriert wird, egal wie viel Nachrichtenwert dieser Plot 
auch für die Mainstream-Medien gehabt haben mag. Dieser Effekt wird 
sich abnutzen, und schon beim nächsten Mal kaum mehr eine Rolle 
spielen. Wesentlich interessanter könnte eine Neubestimmung von 
Sabotage als sozialer Praxis und zwar nicht in herkömmlichen, 
destruktiven Sinne, sondern als konstruktive, innovative und kreative 
Praxis sein. Eine solche Konstruktivität wäre eine organisationslose 
Bewegung in vielen verschiedenen Perspektiven - selbstbestimmtes, 
vernetztes Denken, das ausdrücklich verschiedene Herangehensweisen und 
Verknüpfungen vorantreibt, als soziale Auseinandersetzung sich 
unmittelbar auf die Produktionsebene bezieht und konstitutiv ist für 
einen kollektiven Aneignungsprozess von Wissen und Macht. 
 
 
 
 Sabot/age 
 
 
 
 Der pathologische Zug eines traditionellen, protestantischen 
Militanzverständnisses besteht in einem gerüttelt Maß an 
Auto-Destruktivität: Anderen ein schlechtes Gewissen einreden, das 
eigene Viertel in Brand setzen, mal wieder richtig radikal sein, ohne 
dabei nachdenken oder sich gar vermitteln zu müssen, selbstverliebter 
Umgang mit dem Fetisch Repression. Sabotage ist das pragmatische 
Gegenmodell dazu und kommt von Sabot, einem heimlich in die Maschine 
eingeschleusten Holzschuh, der die Produktion vorübergehend blockiert. 
Diese Unterbrechung zielt darauf ab, die Effizienz der Maschinen soweit 
zu verringern, dass der entstehende materielle Schaden konkreten 
Forderungen oder einem allgemeinen Unwillen über die 
Ausbeutungsverhältnisse Nachdruck verleiht. Klassische Sabotage, wie 
sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkam, konnte drei Formen 
annehmen: Entweder durch eine Verringerung der Arbeitsleistung die 
Quantität der Produktion verringern oder die Verkäuflichkeit einer 
Dienstleistung beeinträchtigen. Außerdem gab es aber immer auch die 
Option durch das Einbringen spezifischer Kenntnisse die Qualität der 
Produktion zu attackieren. 
 
 Klassische wie postmoderne Sabotage steht im radikalen Widerspruch zu 
repräsentativen Formen der Auseinandersetzungen in den 
institutionalisierten Kontexten der Arbeiterbewegung. Letztere blieben 
immer auf den Nationalsstaat bezogen, während spontane, un- oder eben 
besser organisierten Formen von Widerstand wie der der "Industrial 
Workers of the World (IWW)" von jeher ein globales Klassenbewusstsein 
ausdrückten, dass in Zeiten eines globalen und ethnisch segmentierten 
Arbeitsmarktes heute mehr denn je aktuell ist. Sabotage stellt 
schließlich den Bezugspunkt aller in letzter Zeit vor allem in den USA 
so viel zitierten "direkten Aktion" dar: Von "No Logo!" bis "Ruckus 
Society", von neuen, wilden Arbeitskämpfen in der Hardware, High-Tech- 
und Dienstleistungsindustrien bis zur semiotischen Guerilla von 
Indymedia, RTmark oder Adbusters. 
 
 Wie der reguläre Streik zielt die Sabotage in ihrer klassischen Form 
unmittelbar auf den Profit des Unternehmens ab, um die Erfüllung 
bestimmter Forderungen zu erreichen. Immaterielle Sabotage dagegen hat 
es auf das Image eines Konzerns abgesehen. Im Unterschied zu 
Boykottkampagnen, die die sozialen Bewegungen der 80er Jahre 
anzettelten und die die Akteure in einem Konsumenten-Status 
festhielten, wo ihnen allenfalls die Aufgabe zufiel, mit ihrer 
Geldbörse abstimmen, nutzt immaterielle Sabotage Kreativität und 
Produktivität, Kollaborativität und Kollektivität, die von 
umherschweifenden, ungreifbaren, untereinander vernetzten AktivistInnen 
frei gesetzt werden. Ziel ist nicht, möglichst viele Menschen hinter 
sich zu scharen, sondern eine unmittelbare Verbesserung der Lage zu 
erreichen; hierzu scheint es lukrativ, am schwächsten Glied der Kette, 
dem Image, der globalen Corporate Identity eines Unternehmens mit 
verschiedensten Taktiken und Techniken angesetzt wird. 
 
 
 
 Open Mouth Sabotage 
 
 
 
 Vor allem dann, wenn Arbeitern das Streikrecht versagt, entzogen oder 
unbrauchbar gemacht wurde, war Sabotage ein probates, wenngleich 
illegales Mittel innerbetrieblicher Auseinandersetzungen. Kein 
schlechter Anknüpfungspunkt in einer Situation, in der bereits absehbar 
ist, dass das, was die Herren dieser Welt unter Globalisierung 
verstehen, sich von ein paar Straßenschlachten vor Kongresshallen nicht 
auf Dauer beeindrucken lassen wird. Zu viele Dinge haben sich in dieser 
Welt zu schnell geändert, als dass für die überfällige Neubestimmung 
von politischer Praxis und deren Theoretisierung es nicht ausgesprochen 
gewinnbringend wäre, Erfahrungen aus anderen historischen 
Umbruchsituationen zu rekapitulieren, neue Begrifflichkeiten zu 
entwickeln beziehungsweise alte neu zu füllen, Kämpfe miteinander 
kommunizieren zu lassen, und zwar gleich ob sie alt oder neu sind, wo 
sie physikalisch stattfinden und wie sie enden werden. 
 
 Wie viele Menschen daran teilnehmen, ist genauso unerheblich wie beim 
Streik der New Yorker Kellner Ende des vorletzten Jahrhunderts. Allein 
durch eine freie, indirekte Rede über die Arbeitsbedingungen waren die 
Gäste so angewidert, dass die Industrie sehr schnell den Forderungen 
einer sehr schlecht organisierten Belegschaft nachgab. Was als "Open 
Mouth-Sabotage" in die Geschichte der Arbeiterbewegung einging, hat 
hundert Jahre später als "McLibel"-Kampagne wahrscheinlich den 
Grundstock des Netzaktivismus gelegt: Die Website, auf der 
McDonalds-KritikerInnen weltweit Material zur Entlastung zweier 
FlugblattverteilerInnen gesammelt haben, die in London wegen übler 
Nachrede mit langjährigen Gerichtsverfahren eingeschüchtert werden 
sollten, gehörte Mitte der 90er Jahre zu einer der meist besuchtesten 
Seiten des noch jungen Internet. 
 
 Die "Deportation.Class"-Kampagne hat sich einer sicherlich etwas 
schwierigeren Aufgabe verschrieben, schließlich ist die Sache mit 
"Denial of Service" durchaus wörtlich zu verstehen: Die Lufthansa AG 
soll den Transport von Zwangspassagieren verweigern. Dabei wird es bei 
einfachen Online-Demonstrationen nicht stehen bleiben. Gefragt ist, was 
in den 80er Jahren "phantasievolle Formen des Widerstands" hieß und 
damals einem Euphemismus gleichkam. Heute, im Zeitalter der New 
Actonomy, scheinen aber endlich die materiellen Grundlagen für einige 
fast schon vergessene Verheißungen vorhanden zu sein. 
 
 Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung Anti-Deportation-Alliance 
 
 
 
  
 
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