AG Öffentlichkeitsarbeit on 18 May 2001 21:40:01 -0000


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[rohrpost] Presseerklärung Residenzpflichtkampagne: Behinderung und Repression durch Polizei


Die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen
The Voice Africa Forum e.V. Refugee Human Right Group (Jena)
Brandenburgische Flüchtlingsinitiative (Potsdam)
Bündnis gegen Residenzpflicht (Berlin)


Presseerklärung zu den Aktionstagen gegen die Residenzpflicht:
Behinderung und Repression durch die Polizei

Obwohl die Aktionstage gegen die Residenzpflicht vom 17.-19.05.2001 in
Berlin genehmigt wurden, kam es mehrfach zu Behinderungen und Übergriffen
durch Polizei und andere Behörden. So wurde am Donnerstag versucht,
Flüchtlinge aus Jena an der Anreise zu hindern. Nur der Intervention des
Flüchtlingsrates Erfurt, ist es zu verdanken, dass der Bus schließlich
weiter fahren konnte. In Berlin kam es am Donnerstag Morgen ebenfalls zu
Kontrollen und einer Festnahme in der unmittelbaren Nähe des Schlossplatzes,
dem zentralen Anlaufpunkt der Kampagne. In der Nacht zum Freitag fing die
Polizei an, den politischen Charakter der Veranstaltung in Frage zu stellen.
Der Vorwurf, TeilnehmerInnen, würden „wild campieren“. Die Flüchtlinge
wurden durch dieses Vorgehen der Polizei sehr verunsichert.
Am Donnerstag Mittag verließ ein Bus mit ungefähr 50 Flüchtlingen und einem
Mitglied von Amnesty International das Erstaufnahmeheim Jena-Forst, um nach
Berlin zu fahren. Kurze kurz nach der Abfahrt stoppte die Polizei den Bus
mit der Begründung, sie hätten einen Anruf bekommen, dass sich Asylbewerber
ohne Reiseerlaubnis im Bus befänden. Außerdem kündigte die Polizei an, dass
sie den Bus beim Verlassen des Landkreises, stoppen und die Flüchtlinge
strafrechtlich belangen würden. Nur durch direkte Intervention des Erfurter
Flüchtlingsrates beim Innenministerium Erfurt, wurde den Flüchtlingen
angekündigt, dass sie eine nachträgliche Genehmigung erhalten würden, wenn
sie nach ihrer Rückkehr eine Liste der TeilnehmerInnen an die
Ausländerbehörde weiterleiten würden. Die VeranstalterInnen sehen im
Vorgehen der Polizei einen Einschüchterungsversuch und die Absicht die
Teilnahme von Flüchtlingen an politischen Veranstaltungen zu verhindern und
sie in der Ausübung ihres Grundrechtes auf freie Meinungsbildung
einzuschränken.
In Berlin wurden zum Auftakt der Aktionstage, trotz gegenteiliger
Versicherungen der Polizei, mehrere Flüchtlinge Personenkontrollen
unterzogen. Nachdem die VeranstalterInnen dagegen protestiert hatten,
sicherte die Polizei zu, dies im unmittelbaren Umfeld des Platzes zu
unterlassen. Außerhalb sei die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge nicht
gewährleistet. Dies sollte am Abend deutlich werden. Auf dem Alexanderplatz
etwa 100 Meter vom Veranstaltungsort entfernt, nahm die Polizei zur
Feststellung der Personalien einen Teilnehmer der Aktionstage in einer
Telefonzelle fest. Ohne Grund, legte die Polizei unnötige Brutalität an den
Tag, indem sie den Flüchtling Handschellen fesselte. Gegen mehrere
Augenzeugen dieses Vorfalles,  ging die Polizei kurzfristig mit
Schlagstockschlägen vor. Die Situation drohte zu eskalieren, nachdem der
Flüchtling entkommen war und die TeilnehmerInnen auf dem Schloßplatz  über
den Vorfall informierte. Da die Polizei die  Personalien bereits aufgenommen
hatte, schritten sie nicht weiter ein.
Schon im Vorfeld wurde durch die Polizei deutlich gemacht, dass sie auf
keinen Fall dulde, dass Teilnehmerinnen auf dem Schlossplatz schlafen,
obwohl die Kundgebung durchgehend für 72 Stunden angemeldet und bestätigt
wurde. Demgegenüber betonen die Flüchtlinge den politischen Charakter der
Veranstaltung. Für sie ist es wichtig, trotzdem auf  dem Schloßplatz zu
bleiben und gemeinsam die Veranstaltung zu beenden. „Für uns ist es sehr
wichtig, die Entwicklung dieser Kampagne wahrzunehmen. Dazu gehört auch das
Übernachten als symbolischer Akt im Herzen von Berlin,“ betont Osaren
Igbinoba von The VOICE,  Jena.  Es ist eine Möglichkeit zusammen zu sein und
gemeinsam zu protestieren.  Wir bleiben hier um die Kampagne weiter zu
führen uns gegenseitig Mut zu machen, weiter zu kämpfen und Netzwerke zu
bilden. Wir werden in den Flüchtlingsheimen, die abgelegen oder im Wald
sind, immer mehr Flüchtlinge gegen die Residenzpflicht mobilisieren um
dieses Gesetz  abzuschaffen.  Deshalb sind wir in Berlin.

Trotzdem will die Polizei darauf bestehen, dass sie am Freitag Abend
verstärkt darauf achten wird, dass keine Teilnehmerinnen schlafen werden und
die Zelte nach allen Seiten offen sind.

Ankündigung:
Morgen findet die Abschlussdemonstration der Aktionstage gegen die
Residenzpflicht statt. Beginn: 12:00 Uhr, Alexanderplatz, Weltzeituhr.

Pressekontakte: ag.oeff@berlin.de, 0179-379 22 45

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Presseerklärung der Flüchtlinge

Flüchtlinge aus ganz Deutschland sind nach Berlin gekommen, um öffentlich zu
machen, wie sie leben und in welcher Form ihre Rechte hier verletzt werden.
Es geht um die Forderung, das rassistische Apartheids-Residenzpflichtgesetz
abzuschaffen, das ihre Bewegungs- und Reisefreiheit in Deutschland
beschränkt.

Wir Flüchtlinge werden motiviert durch unseren Versuch, Deutschland zu einem
besseren Ort zu machen, ohne Rassismus, für alle. Mehr als 300 Flüchtlinge
und 150 UnterstützerInnen vom Bündnis gegen die Residenzpflicht haben nach
einer symbolischen Demonstration zum Deutschen Bundestag durch eine
Delegation von 7 Flüchtlingen den ParlamentarierInnen ein Memorandum
übergeben. Diese konnten es leider nicht selbst entgegen nehmen, sondern
schickten VertreterInnen. Das Memorandum enthält die Forderung nach der
Abschaffung der Residenzpflicht, die von mehr als 260 Organisationen und
Gruppen unterstützt wird und von etwa 1.500 Menschen unterschrieben wurde,
darunter auch fortschrittliche ParlamentarierInnen und andere bekannte
Persönlichkeiten.

Am Brandenburger Tor wurde eine kurze Kundgebung durchgeführt und danach
kehrten die Flüchtlinge und UnterstützerInnen zum Schlossplatz zurück, dort
wurde  das Programm mit Open-Air-Diskussionen über die Kriminalisierung und
Folter von AsylbewerberInnen hier in Deutschland fortgesetzt. Abends gab es
eine Podiumsdiskussion mit einem führenden Anwalt gegen die „Residenzpflicht
“, Ulrich von Klinggräf. Es wurden zwei Fälle von Asylbewerbern diskutiert,
die gegen die Residenzpflicht vor Gericht gegangen sind. Cornelius Yufanyi
und Sunny Omwenyeke bereiten sich darauf vor, ins Gefängnis oder aber vor
den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu gehen wegen des Zivilen
Ungehorsams, den sie gegen das Gesetz ausgeübt haben.

In der Nacht gab es trotz stattfindender Polizeiprovokationen Filme, Live
Musik und Diskussionen über Bewegungsfreiheit. Es gab Kontrollen und den
Versuch der Verhaftung zweier Flüchtlinge, die aber erfolgreich aus den
Händen der Polizei gerettet werden konnten, die ständig versuchte, eine
Eskalation zu provozieren. Davor hatte die Polizei schon das „Spontankonzert
“ vor dem Auswärtigen Amt zur Unterstützung des Kindertags gestoppt. Die
Flüchtlinge haben allerdings nicht aufgegeben und mit dem Programm
weitergemacht. Dies wird auch heute und am 18. Mai fortgeführt, im
wesentlichen mit den Themen Globalisierung in Verbindung mit
Kolonialisierung, der Situation von Flüchtlingen in Deutschland und
Abschiebung.


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