Krystian Woznicki on 13 Oct 2000 14:26:04 -0000 |
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[rohrpost] Berufsspinner vereinigt Euch! [3] |
>------------------------------------------------------------ >GMD-Fraunhofer: Faule Fusion >------------------------------------------------------------ > >Das Bundesforschungsministerium will die >GMD-Fraunhofer-Fusion gegen den Widerstand der >GMD-Mitarbeiter durchsetzen. Als Grundlage dient ein >"Moderatoren-Vorschlag" - der mehr Fragen aufwirft als >beantwortet. > > Von Christiane Schulzki-Haddouti > >Offiziell scheint der Fusion der beiden großen deutschen >IT-Forschungseinrichtungen GMD - Forschungszentrum >Informationstechnik GmbH und Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) >nichts mehr im Wege zu stehen. Die Ausschüsse der >Aufsichtsgremien der beiden Einrichtungen stimmten am 18. >September den Empfehlungen der Moderatoren zu. > >Unter der Oberfläche brodelt es jedoch heftig: Der >Wissenschaftlich-Technische Rat der GMD hat den Vorschlag >rundum abgelehnt. Mitarbeiter, Führungskräfte und >Institutsleiter wollen den Aufsichtsgremien jetzt die rote >Karte zeigen. Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, heißt es in einer >Eingabe der Mitarbeiter für die am 3. November anberaumte >Aufsichtsratssitzung, dass sie sich "einer >Zwangseingliederung verweigern" werden. > >Sind damit die hochgesteckten Fusionspläne von >Forschungsministerin Edelgard Bulmahn gescheitert? > >Zumindest die einer freiwilligen Fusion, denn der Bund hat >als Mehrheitsgesellschafter das Sagen. Die Marschroute ist >klarer als je zuvor: Der SPIEGEL ONLINE nun exklusiv >vorliegende Vorschlag der Moderatoren Arnold Picot >(Universität München) und Tom Sommerlatte (ehemals Chef des >Unternehmensberaters Arthur D. Little) verfolgt stramm den >Fraunhofer-Kurs. Finanziert werden sollen die in die >Informations- und Kommunikationstechnik-Gruppe (IuK) der >Fraunhofer-Institute eingegliederten GMD-Institute nach dem >Fraunhofer-Modell: 40 Prozent Grundfinanzierung, 60 Prozent >Drittmittelfinanzierung. > >Bei den GMD-Instituten wird die Übernahme des >Fraunhofer-Modells zu einer "Kostendeckungslücke von rund >60 Millionen Mark pro Jahr führen", heißt es in dem 80 >Seiten starken Papier. Kein Wunder: Durchschnittlich liegt >die Drittmittel-Quote der GMD bei "nur" 30 Prozent. Doch >das Renommee einer Forschungseinrichtung hat wenig damit zu >tun, über wie viel Drittmittel sie verfügen kann: So ist >das international anerkannte BioMIP-Institut in Schloss >Birlinghoven mit einem Drittmittelanteil von kläglichen 0,4 >Prozent absolutes Schlusslicht unter den GMD-Instituten. > >Gestopft werden soll das Millionenloch durch Gelder des >Bundesforschungsministeriums (BMBF), des Landes >Nordrhein-Westfalen - und durch mehr EU-Projekte. Doch ob >das klappt, ist fraglich: Zwar soll das >BMBF-Vorlaufforschungsprogramm "Leben und Arbeiten in einer >vernetzten Welt" der IuK-Gruppe zusätzliche Mittel von Land >und Bund "in der Größenordnung von 77 Millionen Mark pro >Jahr" zur Verfügung stellen. Doch der Löwenanteil fließt an >die Fraunhofer-Institute. > >BMBF-Ministerialdirektor Wolf-Dieter Dudenhausen wollte >GMD-Vertretern die 70 Millionen, die vom Bund beigesteuert >werden sollen, zudem nicht verbindlich bestätigen. Kein >Wunder: In der mittelfristigen Finanzplanung ist die Summe >nicht vorgesehen. Derzeit läuft dazu eine >Bundestagsanfrage. Auch das Land zögert: Von anvisierten >sieben Millionen sollen maximal fünf Millionen fließen. > >Ob sich Nordrhein-Westfalen als Geldquelle erweisen wird >ist unsicher. Als Zucker für die GMD-Grundlagenforscher >hatten sich die Moderatoren eine IuK-Akademie in Sankt >Augustin einfallen lassen. Hier soll weiterhin >Grundlagenforschung möglich sein. Das Land plant jedoch >lediglich eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der >Universität Bonn und der neu gegründeten Fachhochschule >Bonn-Rhein-Sieg ab 2004. > >Der Vorschlag von Sommerlatte und Picot passt jedenfalls >haargenau zu den Träumen von Uwe Thomas, Staatssekretär im >Forschungsministerium. Er will eine Art "Turbo-Uni", ein >"Center of Excellence", das von Anfang an Praktika in FhG- >oder GMD-Instituten mit dem Studium verbindet. Ob das >international renommierte BioMIP dann noch mit dabei ist, >steht in den Sternen. Für Staatssekretär Thomas, >Auftraggeber des Gutachtens, war der "Moderatorenvorschlag" >im Übrigen nicht die erste Zusammenarbeit mit Gutachter >Sommerlatte. 1968 und 1969 waren sie gemeinsam in der >Studiengruppe für Systemforschung in Heidelberg: >Sommerlatte als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Thomas als >Projektleiter. > >Auch die Fusionspläne sind keineswegs neu: Schon Anfang >der achtziger Jahre verlangte das >Bundesforschungsministerium die Eingliederung der GMD in >die FhG. Norbert Szyperski sollte am 1. April 1981 seine >Stelle als GMD-Vorstandsvorsitzender einnehmen. Er kam dem >Fusionswunsch der Ministerialen, darunter auch Uwe Thomas, >nicht nach: "Ohne mich". Und setzte sich durch - die GMD >blieb selbständig. > >Dieses Mal sollen es Nägel mit Köpfen sein. Rund 350.000 >Mark hat sich das Ministerium die freihändig vergebene >Studie kosten lassen, inklusive 30.000 Mark für Reisespesen >und Schreibarbeiten. 60.000 Mark allein kostet es, den >Vorschlag in vier so genannten Kommunikationsrunden zu >präsentieren. > >Sommerlatte und Picot beurteilten vier verschiedene >Fusionsmodelle, indem sie verschiedenen Kriterien >verschiedene Gewichtungen in einem Punktesystem zuwiesen. >Den GMD-Favoriten, der die Schaffung einer IuK-Gesellschaft >als FhG-Tochter vorsieht, punkteten sie herunter. So gab es >nur einen Punkt für die "Akzeptanz durch FhG- und >GMD-Verantwortliche" und gar keinen Punkt für die >"Erfolgschancen". > >Damit lag der GMD-Vorschlag einige Punkte hinter dem >BMBF-Favoriten, der die "Weiterentwicklung des >IuK-Institutsverbundes zur IuK-Gruppe der erweiterten FhG" >vorsah. In Sachen Akzeptanz erhielt der BMBF-Vorschlag >übrigens ganze 3 Punkte. > >Der Moderatorenvorschlag - ein "Gefälligkeitsgutachten"? > >Für Beobachter der GMD erweist sich die Studie spätestens >hier als "Gefälligkeitsgutachten für das BMBF". Klar ist >jedenfalls für Uwe Borner, Vorsitzender des >Wissenschaftlich-Technischen Rates der GMD: "Wenn man sich >die Erklärung eines so erklärungsbedürftigen Papiers so gut >bezahlen lässt, ist etwas faul." > >Der Widerstand der Mitarbeiter dürfte trotz der vielen >Ungereimtheiten jedoch bald gebrochen sein. Rund die Hälfte >der Mitarbeiter sitzt auf grundfinanzierten Stellen, die >andere Hälfte auf Drei-Jahres-Projekt-Stellen. In den >nächsten Jahren werden viele der unbefristet Beschäftigten >in Rente gehen. Die Institutsleiter unterstützen zwar den >Widerstand der Mitarbeiter - doch nur, um die eigene >Position so teuer wie möglich zu verkaufen: Im Hintergrund >laufen bereits die Verhandlungen mit FhG-Institutsleitern >über künftige gemeinsame Projekte. > >Eines ist jetzt schon abzusehen: Forscher von >internationalem Renommee werden sich im Ausland Stellen mit >günstigeren Bedingungen aussuchen können. Bulmahn und >Thomas werden den "Brain Drain" mit der Fusion nicht >stoppen, sondern eher noch >ankurbeln. > >------------------------------------------------------------ >(C) SPIEGEL ONLINE - 12. Oktober 2000, 12:48 > >Den Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL >http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,97640,00.html > > >------------------------------------------------------------ > >Zum Thema: > > Kontext: - Presseerklärung der GMD: "Fusion von GMD und FhG erneut > gescheitert" > http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,97685,00.html > - Qual der Wahl: Green Card oder Hochschulstrukturreform? > http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,93414,00.html > - GMD-Fraunhofer-Fusion: Stillstand bei Verhandlungen > http://www.spiegel.de/wissenschaft/0,1518,73450,00.html > ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost