Steinberger Peter on 6 Sep 2000 14:10:52 -0000


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AW: [rohrpost] interview mit marie luise angerer


Angerer:
 >Ich habe mir Istvan Kantor (Anm.: Anerkennung
 >Interactive Art - Prix Ars Electronica 2000.
 ...
 >Und dass er nicht nur Männer aus dem Publikum geholt hat, die die
 >Maschinen
 >dementsprechend bedient haben, sondern eben auch Frauen, habe ich sehr
 >gemocht. Er hat sie gepackt und sie haben selbstverständlich mitgemacht.
 >Möglicherweise wäre das vor zehn, fünfzehn Jahren nicht der Fall gewesen,
 >und es wäre auch niemandem aufgefallen.

Die Installation "Intercourse" war ein versucht klassizistisches
Monumentalwerk mit unglaublichen längen und einem vollkommen veralteten und
schon 1000ende male breitgetretenen Interaktivitätsbegriff. Motto: Bewege
diese Schalter, diese Lade, dieses irgendwas und, oh Wunder, dort drüben
bewegt sich etwas. Ein stinklangweiliger Interaktivitätsbegriff de sich in
so ziemlich allen Einreichungen von "Interactive Art" wiederfindet.

In Anlehnung an eine Aussage von Boris Groys aus seinem aktuellen Buch
"Unter Verdacht": "So bekommt man den Eindruck, es mit einer künstlerischen
Installation zu tun zu haben, die von Ort zu Ort getragen und an die
jeweiligen lokalen Bedingungen immer gleich perfekt angepasst wird, ..."

Auf Intercourse angewandt, bedeutet das lediglich die Videobilder
auszutauschen und schon könnte man es zB. in Sydney vorstellen als den Kampf
des Sportlers.

Das es eine langweilige Geschichte ist haben auch die ZuseherInnen rasch
erkannt. Unruhe kam auf, ein gutes viertel verlies vorzeitig den Saal der
Rest wartete dass vielleicht doch noch etwas passiert und einige amüsierten
sich über die Masse an Videofilmern die zwischen den auf und zu springenden
Aktenschränken herumliefen.

Das Istvan Kantor auch Frauen auf die Bühne gezerrt hat stimmt schon. Aber
erst die dritte oder vierte Frau widersetzte sich dem Kasperltheater nicht
stark genug - stand dann aber auch etwas verloren vor den Schränken. Keine
Spur von exstatischen Kopulationsakten, bestenfalls ein zaghafter Hand Job
symbolisiert durch das vorsichtige Auf und Zu der Laden.

lg
peter


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peter steinberger

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