[rohrpost] Re: die ganze welt: schon heute!

[michael wolf <michael.wolf@rz.hu-berlin.de>]

>scheint als
>wollten viele vor allem hier in deutschland (ich bin österreicherin und
>lebe in berlin) sich an haider nun gesundstoßen.
>man nutzt ihn als willkommenen maßstab für den grad der eigenen
>geschichtsaufarbeitung.

yep.

da scheint es eine unerfreuliche ping-pong-dynamik im verhaeltnis zwischen
deutschen und oesterreichern zu geben: man projiziert das eigene schlechte
gewissen auf den jeweils anderen.

ich kenne vor allem die deutsche seite: deutschland imaginiert dieses
fremdartig rueckstaendige oesterreich da hinten hinter den bergen als den
unheimlich sumpf, aus dem der hitler gekrochen ist. aber das ist ja nicht
hier, sondern irgendwo, und man selbst ist ja jetzt sowas von geleutert und
weltoffen, man ja sogar ne giora feidmann cd...

aber es soll auch umgekehrt funktionieren (hab ich mir sagen lassen): in
oesterreich scheint man sich lange zeit (bis waldheim eigentlich) selbst
ausschliesslich als opfer der deutschen nazi-horden vorgestellt zu haben.
(aehnliche phaenomene finden sich in anderen laendern, die nicht, wie polen
oder die su, ganz eindeutig *nur* opfer deutscher aggression waren, weil
sie nach der nazistischen rasselogik von "untermenschen" bevoelkert waren,
sondern unter deutscher besatzung durchaus auch institutionell
kollaborateure gestellt haben. der niederlaendische hass auf die 'moffen'
waere so lesbar)

das selbe passiert auch gerade auf der rhizome-liste. man profiliert sich
gegen die exotischen nazi-österreicher, und merkt gar nicht, dass man dabei
selbst rassistische rhetorik und images benutzt.

scheussliche legitimationsmaschinen:

identifikation mit der opferrolle, einen huebschen schurken designen, und
schon kanns losgehn, egal gegen wen. so kann fischer den hitler in sich
selbst in "milosevic" umbenennen und flugs im namen der menschenrechte
bomben auf belgrad schmeissen. demnaechst auch auf wien? das vermutlich
dann doch nicht...

mic



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